Schwabach liegt an der Schwabach. Denn die schmucke mittelfränkische Stadt heißt genauso wie der sie durchziehende Fluss. Das ist recht einfallslos. Man stelle sich vor, Hamburg hieße schlicht Elbe, Frankfurt am Main wäre Main am Main (nicht zu verwechseln mit Oder an der Oder), und entlang des Rheins gäbe es dermaßen viele Städte namens Rhein, dass es ein reines Glücksspiel wäre, in das richtige Rhein reinzufahren. Es wäre das rheinste Chaos.
„Schwabach“ scheint auf den ersten Blick „Schwabenbach“ bedeuten zu wollen, leitet sich aber von den Swaben (oder Sueben, also Alemannen) und dem Wort „ahe“ für „Fluss“ ab. Zumindest laut den schlauen Leuten aus Wikipedia an der Wikipedia. Betrachtet man das unscheinbare Gewässer an einem sonnigen Sommertag, wirkt „Schwabenbach“ aber doch passender als „Alemannenfluss“.

Das Flüsslein kann allerdings auch anders. 1732 veranstaltete es ein ausgewachsenes Hochwasser. „Acht Menschen kamen um“, zitiert eine Infotafel die Historie, „bald darauf ertrank ein Knecht.“ Feinsinnige Unterscheidung.
Die Stadt Schwabach wiederum ist bekannt als „Goldschlägerstadt“, genießt sie doch international einen glänzende Ruf als Hochburg dieses Handwerks. Schwabacher Blattgold ziert sogar den Buckingham-Palast.
Natürlich ist man in Schwabach sehr stolz auf diese Tradition, und so ziert Blattgold nicht nur den Altar der Stadtkirche (in Bayern eh Usus), sondern auch …

… den Goldenen Saal des Rathauses und das Dach des Rathaus-Erkers (im Bild links). Und in Schwabacher Schaufenstern findet sich Goldglänzendes so häufig wie kleine rote Doppeldecker in den Geschäften an der Themse.
Alle zwei Jahre veranstaltet Schwabach abwechselnd eine Goldschlägernacht und eine Biennale namens Ortung, die Kunst und Kunsthandwerk ins rechte – also goldenes – Licht rückt. Ein Highlight dieses Jahr: Auf dem Königsplatz vor dem Rathaus (aus Copyright-Gründen nicht im Bild) türmten sich goldfarbene Autoskelette zu einem güldenen Schrotthaufen – ein passender Kommentar zu Zeiten, in denen die Deutschen ein letztes Mal antreten zum Tanz um ihr goldenes Kalb, den Verbrennungsmotor.
Die Schwabach hat fleißig mitgeholfen, Schwabach zur Handwerksmetropole zu machen, indem sie Mühlen und Manufakturen antrieb. Noch heute findet sich in der westlichen Altstadt der eine oder andere Mühlbach, von den Anrainern mittels ausladender Stahlträgerbalkone umfunktioniert zur kühlen Kulisse kleiner Sommeroasen.

Auch die Schwabach selbst war früher so streng eingefasst wie ein Mühlbach. Denn in den 1930er-Jahren – Autobahnbau kam gerade in Mode – zwängte man den Fluss …

… zur Regulierung in ein gradliniges Bett (Symbolbild).
Inzwischen aber weiß man, dass enge Betonbetten im Hochwasserfall wenig hilfreich sind. So begann Schwabach schon in den 1990ern mit der Renaturierung der Schwabach. Heute durchzieht der Fluss die Altstadt als üppig begrüntes Band.

Mancherorts kann man sich sogar bis zum Wasser durchschlagen.

An Hitzetagen dürften diese baumbeschatteten Stellen am Ufer der plätschenden Schwabach bei abkühlungshungrigen Schwabachern beliebter sein als jeder noch so glänzend vergoldete Erker.
Abgesehen von der renaturierten Schwabach ist bei Schwabachs Anpassung an den Klimawandel allerdings nicht alles Gold, was glänzt. Vielmehr dominiert – wie in so vielen Städten – weiträumige Versiegelung, gesäumt von baumlosen Reihen geparkter (unvergoldeter) Automobile.

Hier und da findet man städtische Hochbeete als Feigenblätter des Begrünungswillens.

Ebenso vereinzelt weisen Wanderbäumchen darauf hin, dass es im Stadtbild abseits des Schwabach-Ufers oft an echten, verwurzelten Bäumen fehlt.

Die Goldschlägerstadt hat somit auch ihre Schattenseite – die eben darin besteht, dass es an Hitzetagen vielerorts zu wenig Schatten gibt. Extremhitze aber dürfte künftig viel öfter und länger auftreten.
In Schwabach muss sich offenbar eine goldene Regel noch viel mehr herumsprechen: In der Klimakrise ist das Laub schattenspendender Bäume das neue Blatt-Gold.

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Titelbild: Renate Trujillo
Alle weiteren Bilder: Dr. Wilhelm Greiner
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