In Darmstadt kann man einiges entdecken: Jugendstilgebäude, verwunschene Gärten, baustellenbedingte Umleitungen, die offenbar das Frankfurter Verkehrs-Chaos imitieren, und das Kongresszentrum Darmstadtium, dessen Treppenhäuser offenbar die baustellenbedingten Umleitungen imitieren. Just diesen Ort wählte IT-Ausrüster Nutanix, um für mehr Einfachheit zu werben: Seine hyperkonvergente Infrastruktur (HCI) könne Betriebs- und Energiekosten beim Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) erheblich senken.
Das mitunter geradezu religiös anmutende Hoffen auf die erlösende Macht der KI verleiht der IT-Branche derzeit Flügel, wie man sie sonst nur koffeinierter Zuckersuppe mit rotbulligem Logo aus Österreich zuschreibt. Und so betonte Sammy Zoghlani, SVP Sales EMEA bei Nutanix, zur Begrüßung auf der Nutanix .Next: Ein Unternehmen müsse den IT-Einsatz jetzt planen, da es sonst künftig nicht mehr erfolgreich am Markt agieren könne.

Christine Hensel,
Director Solution Engineering
Germany bei Nutanix
Bildquelle: Nutanix
Damit rennt er offene Türen ein: Seine Kollegin Christine Hensel, Director Solution Engineering Germany, zitierte später eine Umfrage, bei der 90% der befragten Unternehmen KI als strategische Priorität sahen. Nützlich für Nutanix: 83% planen laut der Umfrage zur KI-Umsetzung mehr Investitionen am Edge (Netzwerkrand). Sprich: Man will sich für KI-Dinge nicht oder zumindest nicht allein auf die enormen – und derzeit nicht minder enorm wachsenden – Cloud-Ressourcen der Hyperscaler stützen. Zugleich gilt es aber, die grassierende Unsitte inoffizieller ChatGPT-Nutzung zu vermeiden. Denn „Schatten-KI“ birgt erhebliche Risiken für Datensicherheit und Datenschutz.
Lokale KI-Infrastruktur ist komplex
Doch eine eigene KI-Infrastruktur aufzubauen, ist ein komplexes Unterfangen. Woher das Know-how und die Fachkräfte nehmen, um die Vielzahl verfügbarer Puzzleteile zum funktionierenden Apparat zusammenzubauen? Und das alles möglichst, ohne sich schon wieder von einem der IT-Giganten abhängig zu machen?
Hier will Nutanix den KI-Willigen zur Seite springen. Schon letztes Jahr hatte der Anbieter mit GPT in a Box eine Komplettlösung für den Einstieg in die KI-Welt lanciert. In Darmstadt stellte er nun mit Nutanix Enterprise AI (NAI) eine Cloud-native KI-Plattform vor, die sich dank hauseigener Containerbasis für den lokalen Betrieb ebenso eignen soll wie für den bei einem Colocation-Anbieter oder in der Cloud.
KI in der hybriden Multi-Cloud
Diese Flexibilität ist ein wichtiger Punkt, denn, so Induprakas Keri, als SVP zuständig für die technische Seite von Nutanix’ HCI-Angeboten: Modelltraining, Anpassung auf unternehmensspezifische Datenbestände (Retrieval-Augmented Generation, RAG) und Inferenz (also KI-Betrieb) können durchaus an verschiedenen Orten stattfinden. Keri brachte dies auf die Formel: „KI ist die Hybrid-Multi-Cloud-App.“

Induprakas Keri, SVP NCI und NC2 bei Nutanix
Bildquelle: Nutanix
Dabei komme dem Betrieb von Apps bzw. App-Bausteinen in Linux-Containern große Bedeutung zu: „So ziemlich jede KI-Bibliothek ist containerisiert“, sagt Keri. Doch die beliebte Container-Betriebsumgebung Kubernetes (K8) erfordere über 20 Zusatzservices, um rund zu laufen. Deshalb biete Nutanix nun per Akquisition des Spezialanbieters D2iQ eine K8-Umgebung, die sämtliche benötigten Services ab Werk mitbringe. Dies erleichtere den KI-Einsatz unabhängig davon, wo ein Unternehmen sein KI-Modell trainieren, um eigene Daten anreichern oder nutzen will – ob lokal, per Colo ausgelagert, in der Public Cloud oder als Mix aus allem.

Nutanix Enterprise AI läuft auf Nutanix-Hardware, in zertifizierten Kubernetes-Umgebungen sowie in der Public Cloud
Bildquelle: Nutanix
Laut Keri macht der KI-Betrieb auf Nutanix’ HCI-Systemen die Anwender zudem unabhängig von den großen Playern – etwa von Broadcom-Tochter VMware, die sich kürzlich durch happige Preissteigerungen für ihre Virtualisierungsplattform den Unmut der Kundschaft zugezogen hatte. Keri merkte hierzu an, dass 70% von Nutanix’ HCI-Cores bereits den hauseigenen Hypervisor AHV nutzen.
Weniger Stromkosten bei KI-Training und -Einsatz
Noch schöner: HCI könne erheblich Strom und damit Stromkosten sparen. Keri sprach von einer Reduktion des Energieverbrauchs gegenüber Altsystemen um bis zu 50%. Allerdings ist der Begriff „Altsystem“ so vage, dass 50% Verbesserung immer möglich sind – man muss für den Referenzwert eben nur weit genug zurückgehen.
Deutlich konkreter fasste dies eine Studie von Atlantic Ventures, die Nutanix in Auftrag gegeben hatte. Carlo Velten, Mitbegründer und Managing Partner des Analystenhauses, berichtete, man habe anhand einer nicht namentlich genannten, aber realen IT-Umgebung eines Industrieunternehmens die Einsparpotenziale durchgerechnet.
Die Analyse ergab ein Einsparpotenzial von 27% gegenüber einer üblichen Three-Tier-Architektur – ebenfalls ein stattlicher Wert. Es seien erhebliche Einsparungen allein durch den HCI-Einsatz möglich, weitere durch HCI plus Colocation (da Colo-Betreiber ihre Rechenzentren stark auf Effizienz hin optimieren). Noch mehr Energie spare der HCI-Betrieb in der Public Cloud – aber von einem Hyperscaler erhalte man dafür eben leider kein Geld zurück.
Energiebedarf der IT-Branche eskaliert
Wie wichtig das Energiesparen in einer KI-getriebenen Welt noch werden wird, veranschaulichte Velten mit Zahlen zur europäischen IT-Branche. Rechenzentren in der EU verbrauchten laut Velten 2010 bereits 55 TWh, 2020 dann schon 83 TWh, für 2030 erwartet er einen Anstieg auf happige 111,5 TWh – und in dieser Prognose seien 15-20% Ersparnis durch effizientere Hardware bereits einkalkuliert.
KI-Ausrüster wie Chipgigant Nvidia überfluten derzeit den Markt mit Massen extrem leistungsstarker – sprich: extrem energiehungriger – GPUs (Grafikprozessoren, diese sind Usus im KI-Modelltraining). Allein Nvidia machte damit im letzten Quartal über 30 Mrd. Dollar Umsatz.
Die im Betrieb kochend heißen GPUs gehen also weg wie warme Semmeln. Angesichts des aktuellen KI-Hypes droht damit eine in jeder Hinsicht bedenkliche Überhitzung des IT-Marktes.
Da kann jedes Mittel nur recht sein, das zumindest ein bisschen Abkühlung verschafft – auch wenn derzeit alle, auch Nutanix, die sich anbahnende KI-Zukunft mit heißen Küssen begrüßen.
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Titelbild: (c) Dr. Wilhelm Greiner
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