Dell-Equipment, aber als Service

Ein beliebtes Twitter-Mem formuliert Optimierungsideen kurz angebunden nach dem Prinzip: „[etwas], aber [mit Verbesserung]“. Die TV-Autorin Eden Dranger zum Beispiel twitterte jüngst: „Uber, aber sie sammeln dich auf der richtigen Straßenseite auf“. Eine nicht minder dramatische Verbesserung konnte Dell nun verkünden: Mit Apex, avisiert auf der Dell Technologies World im Oktober letzten Jahres, können Unternehmen Private/Hybrid-Cloud-Umgebungen, individuell zusammengestellte RZ-Komponenten und Storage-Kapazitäten von Dell beziehen.

Die Online-Keynote zur Dell Technologies World verlief so, wie man es dieser Tage von US-Konzernen erwartet: CEO Michael Dell, seine Führungsriege und Interviewpartner beschrieben die Pandemie als enorme Verwerfung, aber zugleich als Turbo für die Digitalisierung. „Die digitale Transformation beschleunigt sich, und sie wird nicht langsamer werden“, proklamierte der Dell-Chef. So erfuhr man in seinem Interview mit dem zugeschalteten American-Express-CEO Stephen J. Squeri zum Beispiel, dass das Volumen der Online-Einkäufe in der Vorweihnachtszeit des letzten Jahres um 25 Prozent gestiegen war.

Das Spektrum des transformatorischen Treibens reicht dabei von E-Commerce, dem Dinosaurier der digitalen Neuerfindung von Geschäftsprozessen, bis hin zur Speerspitze der Innovation mit Einsatz künstlicher Intelligenz und virtueller Realität. Als Beispiel präsentierte Dell das Cincinnati Children’s Hospital: Das Kinderkrankenhaus unterhält ein Digital Experience Lab und nutzt Virtual Reality zur Unterstützung von Diagnosen und Operationen.

Die Pandemie habe unser gesamtes Leben inklusive Arbeit und Konsumverhalten verändert, sagte Jeff Clarke, Vice Chairman und COO von Dell. Auch er machte das zunächst am Onlinehandel fest, der letztes Jahr weltweit um rund 900 Millionen Dollar zugelegt habe. Als Führungsperson eines IT-Komplettausrüsters, der einst als PC-Händler angefangen hat, stellte er zufrieden fest: „Das hybride Leben erfordert eine moderne PC-Erfahrung.“

Vor allem aber habe man nun gemerkt: Arbeit ist kein Ort, sondern ein Ergebnis. Die Ausnahmesituation habe die traditionelle Work/Life Balance auf den Kopf gestellt: „Es ist nun eine Life/Work Balance“, so Clarke. Dieses hybride Arbeiten erleichtere es den Unternehmen zugleich, überall auf der Welt Talente zu rekrutieren. Er vergaß aber auch nicht zu erwähnen, dass diese verstärkte Abhängigkeit von Online-Dingen auch ihre Risiken birgt: So habe es laut dem FBI seit Beginn der Pandemie eine Zunahme von Cyberangriffen um 400 Prozent gegeben. „In all unsere Angebote ist Security bereits integriert“, beruhigte er das Publikum an dieser Stelle.

Für einen IT-Ausrüster bedeutet die voranschreitende Digitalisierung vor allem, dass immer mehr Unternehmen erwarten, neben Software auch Hardware als Service beziehen zu können. Vor diesem Hintergrund hatte Michael Dell bei der Hausmesse letzten Herbst bekannt gegeben, man arbeite im Projekt Apex daran, sämtliche Lösungen des Hauses „as a Service“ verfügbar zu machen. Damit folgte sein Haus dem Beispiel des Marktbegleiters HPE, der solcherlei mit seinem Greenlake-Lizenzmodell offeriert. Auch Cisco ist, wie der Netzwerker auf der Cisco Live im April meldete, inzwischen auf diesen Zug aufgesprungen.

„Apex ist hier!“

Die große Neuigkeit der aktuellen Veranstaltung war, dass erste „Everything as a Service“-Angebote Dells nun erhältlich sind. So konnte Allison Dew, Chief Marketing Officer und Executive Vice President bei Dell, Vollzug melden: „Apex ist hier!“ Konkret informierte der Ausrüster über die Verfügbarkeit von Cloud- und individuell anpassbaren RZ-Ressourcen sowie bald auch Storage-Kapazitäten auf Abruf – womit gemeint ist: mit 14 Tagen Bestellvorlauf. Das ist zwar nichts, was die SaaS-Klientel als „on Demand“ bezeichnen würde, aber als Zusage für eine maximale Lieferfrist für RZ-Hardware dennoch angenehm zügig.

Erstens bietet Dell nun mit Apex Hybrid Cloud und Apex Private Cloud integrierte Rechen-, Speicher- und Netzwerkressourcen, um traditionelle wie auch Cloud-native Anwendungen zu unterstützen. Diese Private- und Hybrid-Cloud-Ressourcen sind laut Hersteller auf die Anforderungen kritischer Workloads wie KI oder Virtual-Desktop-Infrastrukturen zugeschnitten. Ein automatisiertes Lifecycle-Management erleichtere den Betrieb des Equipments, während das Selbstbedienungsverfahren dessen Bereitstellung erheblich beschleunigen soll. Ein Unternehmen könne damit über Private Cloud, Public Cloud und Edge hinweg Workloads jeweils dort platzieren, wo es gerade am sinnvollsten ist.

Zweitens gab der Konzern bekannt, dass man nun mit den sogenannten Apex Custom Solutions das komplette Infrastrukturportfolio als Service bereitstelle. So könne ein Anwenderunternehmen mittels Apex Flex On Demand frei aus Lösungen und Services rund um Server, Speicher, Datensicherung und hyperkonvergente Infrastruktur wählen. Auch hier könne man die Ressourcen einfach nach oben oder unten skalieren und nur für die tatsächlich genutzte Leistung bezahlen. Apex Data Center Utility ergänze dies um individuelle Metering- und Managed-Services für das RZ. 

Drittens sollen die Apex Data Storage Services den Unternehmen Speicherlösungen bereitstellen, wann und wo auch immer sie Storage-Kapazitäten benötigen. Zur Auswahl stehen zuerst drei Leistungsstufen an Block- und File-Speichern, Objektspeicher sollen folgen. Unternehmen können Abonnements mit einer Laufzeit von einem oder drei Jahren abschließen. Die Kapazität beginnt bei 50 TByte und lässt sich laut Dell frei nach oben skalieren. Das Equipment lässt sich entweder vor Ort beim Unternehmen oder an einem Colocation-Standort installieren.

Dazu gab Dell eine Partnerschaft mit dem Colocation-Provider Equinix bekannt, sodass weltweit Colo-Kapazitäten für Unternehmen bereitstehen. Der Konzern legte Wert auf die Feststellung, dass man – mit kritischem Seitenblick auf den Mitbewerb – keinen zusätzlichen Aufschlag für die Nutzung von On-Demand-Kapazitäten erhebe. Dies verschaffe den Anwenderunternehmen Planungssicherheit.  

Für den Überblick, das Monitoring und das Lifecycle-Management dieser dynamischen Umgebung soll die Apex Console sorgen. Dies ist ein Self-Service-Portal, das neben den Workflows für die Provisionierung auch Tools für die Überwachung und Verwaltung der Services sowie Funktionalität für vorausschauende Analysen umfasse, so Dell. Dadurch sollen die Apex-Services es den Unternehmen erleichtern, ihre IT an veränderliche Geschäftsanforderungen anzupassen. Die Apex Console, Apex Hybrid Cloud, Apex Private Cloud, Apex Flex On Demand und Apex Data Center Utility sind laut Dell ab sofort erhältlich. Die Apex Data Storage Services sollen im dritten Quartal über Dell Technologies oder ausgewählte Partner zu beziehen sein.

Zwei weitere interessante Neuerungen hatte der RZ-Ausrüster noch im Gepäck: Die verbesserte Dell EMC Streaming Data Platform (SDP) dient der Erstellung von Echtzeitanalysen direkt am Edge. Die Plattform eignet sich laut Dell-Angaben für die Erfassung, Speicherung und Auswertung von Datenströmen am Netzwerkrand, beispielsweise zur Ermittlung von Wartungsbedarf, bevor Reparaturen anfallen.

Zudem hat Dell zusammen mit dem Industriespezialisten PTC eine Referenzarchitektur für Edge-Lösungen in der Produktion entwickelt. Ein Fertigungsunternehmen erhalte zentralen Zugriff auf alle Informationen von Edge-Systemen und könne damit die Zuverlässigkeit seiner Produktionsstraßen erhöhen, Betriebskosten senken und Entscheidungen schneller treffen. Mittels Integration in die Apex Private Cloud könne man ein hochverfügbares Edge Framework as a Service errichten.

„Wir bauen unser Business systematisch um“, fasste Marketing-Chefin Allison Dew die aktuellen Entwicklungen im Hause Dell Technologies zusammen. Insbesondere betonte sie, dass sich Dell damit anschickt, die digitale Transformation von Unternehmen aller Branchen und Größen zu unterstützen. Während die großen IT-Ausrüster ihre Innovationen häufig zunächst „Top Down“ einführen, will Dell also auch Unternehmen diesseits der Fortune 500 abholen – unabhängig davon, auf welcher Straßenseite des Digitalisierungspfads sie stehen.

(Dieser Beitrag erschien erstmals in LANline 06-07/2021.)

Bild: (c) Wolfgang Traub